Vorwort - im Nachhinein …

Es ist der 1.1.2025. Das neue Jahr ist da. Ich habe mehr als in den letzten beiden Jahren den Text noch nachbearbeitet, weil mir erst nach der Veröffentlichung Gedanken in den Sinn kamen: “Eigentlich muss das auch noch rein”. Dies ist nun der letzte Edit dieses Artikels. Ich werde Fehler, die mir auffallen noch korrigieren, aber ich füge nichts mehr hinzu. Der Text ist lang. Ich schrieb es an anderer Stelle: Der Text mäandert durch meine Gedanken, um sich vor dem Rückblick zu drücken. Es ist zwar überall ein wenig Rückblick verstreut, aber so richtig beginnt dieser erst im Abschnitt ““Drückblick””. Wer sich nur dafür interessiert … dort hinzuspringen ist wahrscheinlich nicht die schlechteste Idee.

Nervige Dinge

Wie entstehen eigentlich jene Dinge, über die man öfters leise vor sich hinflucht, über die man sich ärgert, die man vielleicht sogar entnervt in die Ecke wirft? Das wäre doch mal etwas für die Sendung mit der Maus.

Ich habe da eine Hypothese: Als das das nicht existente Wesen höherer Art mit der Erschaffung der Welt fertig war, war es erst mal ausgelaugt, hatte aber auch noch einige Tage Urlaub vor dem Releasetermin. Es musste eh noch getestet werden und anschliessend hätte man die Gebe^H^H^H^HTickets der QA-Abteilung im Block abarbeiten können. So wurde die Welt in den Staging-Branch des Universums gepushed. Ein erster Friedly User Test mit den zwei ersten Benutzern lief eigentlich ganz erfolgsversprechend, auch wenn sich noch vereinzelte mit Bugs geschlagene Codepfade durch die Welt schlängelten.

Aber dann griff sich die andere Abteilung (jene, der man die Klimanlage versagt hatte, und daher in steter Hitze arbeiten musste) die Konstruktionssoftware und fügte diesem Entwurf am achten Tag einige Dinge - man mag sie teuflisch nennen - hinzu.

Weil das Management auf das Release drängelte, fiel deren Integration vor Inproduktionssetzung der Welt nicht mehr auf. Mit dem nächsten Pull Request fanden diese ihren Weg in das Endprodukt.

Erdnüsse in Schale zum Selberauspulen zum Beispiel.

Egal, sehr man darauf aufpasst, die Schale nicht zu verteilen, am Ende muss man doch den Staubsauger herausholen. Sie verbreiten sich, sie verteilen sich und egal wie genau man den Schreibtisch danach absaugt, es finden sich noch eine Woche später plötzlich Schalenreste. Ich sitze hier gerade die letzten Erdnüsse in meinem Haushalt knabbernd an meinem Rechner, habe gerade ein Video über die Geschichte von Twisted Pair angesehen, und frage mich, warum ich jedes Jahr wieder den gleichen Fehler mache: Erdnüsse am Schreibtisch essen.

Knall

“Last Christmas” hat mich dieses jahr hinterrücks erwischt, an einer Stelle an der es unvermeidbar war. Das erste mal seit einigen Jahren, das ich es nicht bis Weihnachten geschafft habe.

Weihnachten? Weihnachten ist nun durch. Offengestanden bin ich auch ein wenig froh drüber. Es ist gerade jene Zeit, die interessanterweise als ausserhalb des Jahres stehend definiert ist - denn nichts anderes bedeutet “zwischen den Jahren” so irgendwie - obwohl es immer noch den Nachnamen des bald endenden Jahres trägt.

Meine kleine Plüschtanne mit dem Cordstamm und einem Stern an der Spitze ist schon wieder vom Schreibtisch auf mein Bücherregal gewandert, und beobachtet das Geschehen für die nächsten 11 Monate von dort. Ich glaube die kleine Plüschtanne ist genauso wie ich sehr neugierig, was es wohl von dort oben im nächsten Jahr beobachten wird.

Draussen beginnt schon wieder die Zeit des detonatio praecox, weil so viele Menschen mit ihre Freude über das Vergehen auch dieses Jahres nicht an sich halten können. Ich weiss: Ich wiederhole diesen Kommentar eigentlich fast jedes Jahr, in ähnlicher Form. Genauso wie sich dieses überflüssige Ritual des Böllerns jedes Jahr wiederholt. Ich werde das auch nächstes Jahr wiederholen, und im Jahr danach auch. Da ich nicht glaube, das das je aufhören wird. Ich kann nur dieser Wiederholung meine eigene Wiederholung entgegenstellen.

Gleichzeitig ist es irgendwie absurd. “Inflation hoch. Butter teuerer. Energie am Ende. Alles doof.” Aber viel Geld für Böller ausgeben, welche am Ende eigentlich nur volle Notaufnahmen und schwierig zu entfernende Überreste auf dem Asphalt und den Plastersteinen der Straße zurücklässt. Genau mein Humor.

Ich bin dankbar, das meine Kopfhörer das Geknalle momentan noch von mir fernzuhalten vermögen.

Der Anfang

Hätte ich diesen Blogeintrag auf Papier vorgeschrieben, wäre ein grosser Sack mit den Schnipseln der verworfenen Anfänge wahrscheinlich Zeugnis einer gewissen Unfähigkeit, dieses Jahr irgendwie zusammenzufassen. Wahrscheinlich ist das ein wenig oder vielleicht auch ein wenig mehr übertrieben. Aber es fühlt sich so an.

Im Ungefähren zu bleiben, aber gleichzeig jenen die über den Kontext wissen, Einblick zu geben, ist ohnehin nicht ganz einfach. Ich kann mich nicht erinnern, das es mir mal so schwer fiel einen Anfang zu finden. Genau genommen ist es nicht mal nur der Anfang. Eigentlich ist es auch eine gerade eine Schwierigkeit, eine Mitte und ein Ende „auf Papier“ zu bringen.

Schreiben fällt mir momentan wirklich schwer. Meine Gedanken sind in vielen Bereichen momentan viel zu ungeordnet dafür. Ich konzentriere meine gedankliche Ordnung gerade auf den Job. Das geht schon eine ganze Zeit so.

Jedenfalls ist da irgendwie seit Ende September eine Schreibblockade und diesen Text zu schreiben war dadurch nicht so einfach wie früher. Dieser Text fühlt sich mehr nach Volkstrampelschritt auf einer Dorfhochzeit an, denn als leichtfüssiges Schweben über das Parkett beim Opernballl.

Und immer noch kreisen im meinem Kopf die Bedenken, ob ich diesen Artikel wirklich veröffentlichen soll. Oder diesen einfach als „Mein liebes Tagebuch“ in meinem Github-Account als unveröffentlichten Artikel archiviere. Die Tatsache, das Ihr den Text lesen könnt, bedeutet, das ich diesen wohl doch veröffentlich habe.

Gedankenchaos

Man schreibt vielleicht um die Gedanken zu sortieren, aber was will man machen, wenn alle Gedanken sich an der Ausgangstür drängeln und irgendwie raus wollen. Man löscht dann wieder den Anfang, sagt den Gedanken, sie mögen sich wieder in Reihe aufstellen. Das gedankliche Sortieren funktioniert sogar weitestgehend. Dann sagt man zu ihnen: „Okay, wir probieren das noch einmal, aber jetzt nicht wieder so ein Durcheinander“. Die Ordnung löst sich spontan in ein dünnes Wölkchen auf und am Ende hat man dann doch nur wieder ein Knäul vor der Tür und niemand kann raus. Nur alles noch viel verknoteter, noch chaotischer. Man ruft den eigenen Hirnwindungen zu “Was soll das, Gedanken? Wir machen das jetzt so lange weiter, bis ihr euch nicht beim Verlassen des Hirns überschlagt!”

Das sieht alles aus nach Boarding einer Lufthansa-Maschine von Hamburg nach München. Inklusive sich besonders wichtig nehmender Gedanken, die sich nach vorne drängeln. Mit Gedanken, die ihre „ich bin wichtig“-Karte vor sich her tragen, als wären sie eine Auszeichnung, während die wirklich wichtigen Gedanken schüchtern am Ende der Schlange warten und am Ende nicht wissen, wo sie ihr Gepäck in den Fächern ablegen sollen, so das man am Ende doch ins Stolpern und dem Boden näher kommt, weil sich die Füße in der Schlaufen des Rucksacks verfangen haben.

Am Ende ist dies wahrscheinlich wieder kein kohärenter Text, sondern ein noch gerade publizierbares, minimales Gedankenchaos. Ich weiss das dieser Text wieder durch meine Gedanken mäandern wird, um hier und da einen Einblick ins letzte Jahr zu geben. Wer nur den lesen will, sollte vielleicht bis “Drückblick” scrollen.

Die Versionshistorie dieses Text im Git ist auch schon echt lang geworden, seit dem ich die erste Version commited habe und danach auf meinem Webserver ausgerollt habe. Und irgendwie gehts immer weiter. Ich editiere immer noch diesem Text rum, selbst nach dem ich ihn veröffentlich habe. Vielleicht sollte man meine Jahresrückblicke erst am 1.1. lesen … dann wenn sie einen gewissen Reifegrad erreicht haben.

Lochen, Abheften, Ablegen, Zettelwirtschaft

Seit Tagen sortiere ich nebenher Quittungen. Das letzte Jahr will gescannt, erfasst, abgeheftet und zu den Akten gelegt werden. Das ist seit vielen Jahren meine Jahresendabendbeschäftigung. So sehr ich es mir auch vornehme „Nächstes Jahr kümmerst Du dich früher darum“, so wenig hat es auch dieses Jahr geklappt. Ich sitze wieder mit meinem Stempel „gescannt“ am Schreibtisch und verschlagworte mein Papier gewordenes Leben in 2024. Ich bin ja ein „Allesscanner“. Was an Papier da ist, wird gescannt. Ist für mich einfacher, als sich Gedanken zu machen, ob irgendetwas irgendwann noch mal wichtiger werden kann. Und mittlerweile ist selbst Solid-State-Speicher hinreichend billig, sich darum keine Gedanken mehr zu machen.

Wobei ich mir sehr sicher bin, das ich in 10 Jahren nicht die Information hervorholen muss, das ich mir einen Tag vor Heiligabend 2024 Duschgel und Hustenbonbons gekauft habe. Warum ich es trotzdem durch den Scanner schicke? Keine Ahnung. Vielleicht der Vollständigkeit halber.

Wenn man doch nur Gedanken, Erinnerungen und Empfindungen einfach lochen und ablegen könnte. Stattdessen ist es ein Stapel, der irgende auf dem geistigen Schreibtisch liegt und vom nächsten Windstoss wieder durcheinander gebracht wird. Und dann robbt man wieder durch die Gegend, um die Blätter einzusammeln. In 50 Jahren sammeln sich da so einige an. Manches ist vergilbt, kaum noch lesbar, die Details fast unzugänglich in der Erinnerung versteckt. Man würdigt sie nur eines kurzen Blickes. Vielleicht sogar mit einem leichten Lächeln, weil die negativen Dinge den positiven Erinnerungen auf dem Weg ins Vergessen schon voranggegangen sind.

Manches andere noch sehr frisch, die Details sehr bewusst und man legt sie erst nach einem kurzen Moment aus der Hand und legt sie trotzdem einfach nur wieder auf den Schreibtisch im Hirn, obwohl man sehr genau weiss, das der Moment sie wegzuräumen längst gekommen ist und dies eigentlich auch vernünftig wäre. Eigentlich. Eigentlich vernünftig. Aber alles irgendwie ständig da. Und irgendwie scheine ich da nicht vernünftig zu sein.

Ich sollte das zumindestens mal in jene Schachtel tun, die man irgendwann auch mal weg stellen kann und nicht Gefahr läuft bei Windstärke 3 zu fliegen, auch wenn man den Blick öfters in die Richtung der Schachtel wendet.

Devonthink - die Software, die ich verwende, um meine Quittungen zu managen - hätte eine ganz andere Bedeutung, wenn das Tool auch für Gedanken im Hirn funktionieren würde und nicht mur für irgendwelche Quittungen aus dem Baumarkt.

Ein funktionierendes hierarchisches Storagemanagement im Hirn wäre zudem auch ganz hilfreich. Meins hat die Neigung, erst ewig Dinge nicht zu releasen und im Primärspeicher zu belassen, aber wenn es dann mal aus Sekundärspeicher ist dann aber spontan und ohne Trigger ein „Best of“ der Pleiten, Pech und Pannen der letzten 50 Jahren zu stagen, besondere wenn man nachts wach im Bett liegt.

Ich weiss nicht, ob das in anderen Hirnen anders ist, aber mich stört es zuweilen sehr.

Dahin blicke ich nicht …

Ein Rückblick soll dies werden. Ich will nicht über das grosse Ganze schreiben. Jeder hat sicherlich seine eigene Art mit dem offenkundigen Wahnsinn zurecht zu kommen, der dort gerade herrscht. Wenn der Lauf der Welt sich so gar nicht mit dem vereinen lässt, was sich fair, gerecht, logisch oder nur auch verständlich anfühlt. Ich muss da nicht meine eigene Sichtweise nicht auch noch in einen Rückblick fassen.

Doch ein kurzer der Nichtrückblick auf die Welt?

Vielleicht nur einen allgemeineren Kommentar: Die vergangenen Monate und Jahre lassen mich mit einer gewissen geistigen Gemütsunruhe zurück über die Dinge die passiert sind, momentan passieren und passieren werden, so wie man es jetzt schon absehen kann.

Die Wachowski-Schwestern postulierten in „The Matrix“, das das namensgebende Konstrukt die Welt auf dem Stand der höchsten Zivilisation - am Ende des letzten Jahrhundert - simulierte. Je älter ich werde, und je mehr ich auf die Zeit seitdem zurückblicke, desto mehr bin ich geneigt, dem zuzustimmen. Das 1999 der vorläufige Höhepunkt unserer Zivilisation war.

Nicht weil ich denke das die Zeit gut war. Das sie besser war. Sie war es nicht. Bei weitem Nicht. Wer von der guten alten Zeit redet, wer davon spricht, das früher alles besser war, ist oft aus meiner persönlichen Sicht ein unzureichend informierter Zeitgenosse. Oder auch ein unzureichend informierender Zeitgenosse. Unzureichend informiert oder informierend über die Probleme und Herausforderungen der alten Zeit, über die Fortschritte der neuen Zeit.

Sondern weil ich damals den gesamtgesellschaftlichen Drang verspürte die Welt besser werden zu lassen. Dieser Wille, dieses Streben, den Blick zu erheben und trotz aller Probleme die Welt zu einem besseren Ort zu machen, macht für mich Zivilisation aus.

Heute haben wir nur noch die Negativität, die Hoffnung, das es nicht noch schlechter wird. Und meine eigenen Gedanken sind wahrscheinlich genauso ein Zeichen dieses Wandels, der seit dem eingetreten ist. Denn auch ich erwische mich zumehmend dabei, diese Negativität anzunehmen, wenn ich nicht genau aufpasse. Auch mein Optimismus ist mittlerweile nicht notwendigerweise mehr im Bestzustand.

Wir sind heute in vielen Belangen viel weiter als noch 1999. 2049 werden wir noch deutlich weiter sein. (Und ja, selbst Bladerunner 2049 hat am Ende ein im Grunde in Teilen ein versöhnliches Ende) Es fühlt sich irgendwie nur nicht so an, weil sich keiner die Mühe macht darüber zu sprechen, und falls ja, nur im es in einen negativen Kontext zu rücken. Der Optimismus von 1999 ist uns, ist mir irgendwo auf dem Weg verloren gegangen.

Soziale Netze

Ein bisschen habe ich meinen Gedanken über die Welt auf Mastodon Ausdruck verliehen. Mein Verhältnis zu sozialen Medien war letztes Jahr sehr gespalten. Ich frage mich manchmal, ob soziale Gemeinschaften, Gesellschaften einen gewissen Reifegrad benötigen, bevor deren Vernetzung keine Gefahren heraufbeschwört.

Statt der erhofften Gesellschaftsfusion haben wir die Gesellschaftspaltung erfunden und ich frage mich zuweilen, ob diese Fähigkeit nicht gefährlicher ist, als die Fähigkeit das Atom zu spalten. Nicht jeder kann zuhause Atome spalten, aber spaltende Worte kann jeder im Schutze seines Schreibtisches von zuhause in Welt hinausposaunen, ohne wirklich sich über deren Proliferation Gedanken zu machen, ohne sich wirklich dafür verantwortlich zu zeigen.

Was man da machen kann, ich weiss es nicht, ausser stets moderierend zu wirken, die Kettenreaktion wieder einzufangen. Die Demonstrationen vom Anfang des Jahres haben mir gezeigt, das dazu der gesellschaftliche Wille da ist, es fehlt nur der politische Wille, dem auch zu folgen. Aber genug der Jeremiade ob einer Welt, in der nichts mehr so recht Sinn ergeben zu scheint.

Es ist nur meine Erkenntnis, die ich ob des Grossen und Ganzen für mich gewonnen habe. Eure Erkenntnisse sind wömöglich, nein sogar wahrscheinlich andere. Aber das ist okay so.

Die Alm ruft

Einige Male habe ich 2024 gedacht „F.. that sh..“ und darüber nachgedacht, wie es wohl wäre, wie der Almöhi bei Heidi all das hinter mir zu lassen, um gelegentlich ins Dorf zurückzukehren. Nicht kleine handgeschnitzten Schalen mitbringe, sondern lange Erklärbär—Mails für meinen Job, die ich aus einem Notizbuch in einen Rechner übertrage, um dann wieder eine Woche auf meinen Berg zu verschwinden.

Ich habe zwei mal aus diesem Grunde in der letzten Zeit meinen Mastodons-Account genuked und alles gelöscht. „Bombardier den Account aus dem Orbit. Einziger Weg sicher zu sein“.

Hätte ich mit meinem Twitter-Account schon längst machen sollen, habe ihn nur noch als Namensblocker. Mittlerweile fühlt sich selbt der kurze Login auf Twitter um nach dem Rechten zu sehen an und das Passwort zu ändern so an , als hätte man einen Oneway-Trip in (oder unter) den Fusionsreaktor von LV-426 gewonnen und wartet darauf, das die Heldin gleich mit dem gepanzerten Transporter um die Ecke kommt, um einen da rauszuholen. Die Säure in der Sprache, die dort in teilen gepflegt wird, scheint zumindestens in ihrer Fähigkeit alles Gute und Positive zu zersetzen, zuweilen der der Metall zersetzenden Wirkung des Blutes eines Xenomorphen aus dem Orkus der Phantasie eines H.R.Gigers in nichts nachsteht.

Ich habe meinen Mastodon-Account am Ende aber doch nicht aufgegeben. Auf dem Weg zum passenden Almöhi-Bart war ich zeitweise schon, aber auch hier gilt, das ich mich am Ende dagegen entschieden habe. Bin grau geworden die letzte Zeit. Der Bart hat mir das noch deutlicher gezeigt. Der Vorteil von nicht vorhandenen Haaren ist immerhin, das diese nicht grau werden könnnen.

Aber nichts da! Ich verlasse 2024 frisch rasiert. Mir war auch bewusst geworden, das in Zeiten von Satelliteninternet das Almöhi-Dasein wahrscheinlich nur von kurzer Dauer gewesen wäre. Und die Nutzung des momentan dominierenden Satelliteninternets hätte das gegen meine Regel verstossen, keine müde Mark für einen bestimmten amerikanischen Milliardär zu geben.

Müde Mark. Bekommt man auch nicht aus dem Kopf. Kein dösender Dollar. Kein somnolenter Euro. Kein erschöpfter Euro. Das klingt nicht richtig, aber wahrscheinlich auch nur, weil man das andere Wortgebilde schon so lange verwendet. Müde Mark, it is … weiterhin.

Noch nen Rückblicksversuch

Dieser Rückblick will das letzte Jahr für mich zusammenfassen. Eine Linie unter all die Einzahlungen und Auszahlungen des Karmakontos ziehen, die Erfolge des letzten Jahres irgendwo festhalten. Die Schattenseiten und Misserfolge verschweige ich lieber oder verberge sie geschickt im Hintergrund irgendeiner Verklausulierung. Diese muss ich nicht irgendwo aufzeichnen. Die wird mir mein Hirn in 10 Jahren auch so wieder vorführen. Anamorph, Cinemascope auf 35 mm-Film.

Musik

Ich habe überlegt, diesen Blogeintrag wie letztes Jahr wieder mit Musik zu beginnen. Doch so ein wirklich wichtiges Album gab es nicht so richtig für mich. Kiasmos hat ein zwar wenig einfallsreich mit „II“ benanntes Album herausgebracht, das dafür aber einfach klasse war. Ich verlinke hier einfach mal das Live-Video für Cercle an der Citadelle de Sisteron. Dieser Blogeintrag ist grösstenteils zu dieser Musik entstanden.

Ich habe dieses Jahr „Legion“ von Tesseract(man mag von der Musik halten was man will, aber Singen kann der Herr) für mich entdeckt, das musikalisch einfach grossartig war, aber das war ein Stück eines Album des Vorjahres, das ich in all den Entwicklungen von 2023 einfach übersehen habe.

Aber es gab für mich kein kein Album einer Künstlerin oder eines Künstlers, die oder der sich als musikalische Begleitung durch mein Leben zieht. Das wird erst wieder 2025 der Fall sein. Es wird auch kein Album sein, sondern mein erstes Konzert nach der Pandemie, zu dem ich gehe. In meiner Mailbox liegen zwei Karten für das Jean-Michel Jarre Konzert in Stuttgart. Ich höre dessen Musik länger als Peter Gabriel. So wirklich bin ich mit Revolutions zu Jarre gekommen, und habe mich dann in die Vergangenheit vorgearbeitet.

Allerdings war die Musik von Herrn Gabriel steter Begleiter, während sich die Musik von Herrn Jarre erst letztes Jahr wieder in meine Playlist geschlichen hat, nach dem Kai Schuhmacher eine Klavierversion von Oxigène herausgebracht hat. Ich hatte irgendwann einfach den Gefallen an der Musik verloren. Und auch der Besuch auf dem Konzert ist wahrscheinlich mehr einen Abschluss finden, denn nun unbedingt die Musik hören zu wollen.

Denn der Konzertbesuch hat viel mit dem Abstreichen von Punkten auf der Bucketliste zu tun. Als ich richtig viel die Musik von Jarre gehört habe, war einer meiner Wünsche ein Konzert von ihm zu besuchen. Wenn ich den Punkt noch von meiner Liste bekommen will, sollte ich vielleicht beeilen. Jarre ist 76 Jahr alt. Ich weiss nicht, warum mich das so überrascht hat.

Deserted Palace (sein erstes Album) ist aus 1972 und damit ein Jahr älter als ich. Oxygéne ist aus 1976. Zaehlt man da noch ein paar jahre drauf, ist man halt schnell bei fast 80 Jahren.

Wie es auch sei, bei einem 76 jahre alten Künstler sollte man vielleicht nicht auf „ach, nächstes mal“ hoffen, wenn man das von der Bucketliste haben will. Leicht bleibt es dort für immer.

Später

Ich wäre gerne auf ein Konzert von Jóhann Jóhannsson in der Elbphilharmonie gegangen. Es wäre mein erster Konzertbesuch in der Elphi geworden. Dies wurde später ein Konzert von Ólafur Arnalds. Ich hatte damals keine Zeit, hätte wahrscheinlich sowieso keine Karte bekommen. Dachte “Später”. Aus “Später!” wurde “Nie :(“. Der Künstler starb 2018 an einer Überdosis Kokain in Zusammenspiel mit Medikamenten für eine Grippeerkrankung, wie der Wikipedia zu entnehmen ist.

Vielleicht sollte man aus solchen Dingen auch Lehren fürs eigene Leben ziehen. Nicht “Später!” sagen, wenn es gilt, etwas mit den Eltern oder Geschwistern zu unternehmen. Nicht “Später!” oder “Bald!” zu sagen, wenn es gilt im eigenen Leben etwas zu verändern. Denn auch da wird zu schnell ein “Nie!” draus. Zu schnell wird aus dem “Wir fahren später noch mal durch Schleswig-Holstein” zum Vater ein “Wären wir doch noch mal mit dem Auto unterwegs gewesen” zu allen anderen.

Weihnachten

Ich habe dieses Jahr wieder damit verbracht, meinen Eltern bei der Durchführung der Weihnachtsfestivitäten zu helfen. Ich habe dieses Jahr alles etwas einfacher gehalten. Ich habe kein geeignetes Werkzeug zum Krokantstrahlen gefunden. Ich habe stattdessen eine grosse Zahl von Muffins gebacken.

Dafür das die Rezepte aus einem Kinderbackbuch mit der Maus und dem Elefanten sind, sind die Muffins ausgesprochen gut geworden. Oder vielleicht gerade dessen, weil diese Rezepte eher meinem Backfertigkeitsniveau entsprechen. Habe gekocht. Aber nicht so aufwändig wie letztes jahr, nicht wiel ich nicht willte, sondern weil am ersten Weihnachtstag die Aufnahmefähigkeit einfach beschränkt ist, wenn noch das Festessen vom Heiligabend in Magen und Bewusstsein ist.

Smartroulade?

Nach dem ich die Chemie der Zubereitung von Rouladen verstanden habe, waren die Rouladen dieses Jahr nicht nur aus purem Zufall „auf den Punkt“. Man kann jedes Problem “vernerden”, nicht nur Twisted Pair Kabel. Aber vernerden kann dabei helfen, es dann doch hinzubekommen. Vielleicht sollte man statt Zahnstochern vielleicht Thermoelemente aus Edelstahl benutzen, um diese am auseinander rollen zu hindern.

Smart Roulade. Rouladen sehen ja ohnehin irgendwie wie Kondensatoren. Ob allerdings Schinken, Zwiebel und Senf ein brauchbares Dielektrikum darstellen … ich weiss nicht, ich hege Zweifel. Die Trennung wäre eh nicht hinreichend, da es unmöglich erscheint, eine Schinkenscheibe in Gänze aus der Packung zu nehmen.

Ich esse die Dinger allerdings sowieso nicht. Ich bin auch am Ende von 2024 noch Veganer mit Süssigkeitenausnahme. Aber ich mag es, sie zubereiten. Ich mag es, mit Fleisch zu hantieren. Ich weiss … ist widersprüchlich. Ist nicht der einzige Widerspruch in mir. Aber vielleicht einer der seltsameren.

Weihnachten war wieder ein schönes Fest in der grossen Familie. Es waren nicht alle da, das war schade. Es ist anstrengend. Es ist viel Arbeit. Aber ist einfach schön. Die Familie ist grösser geworden letztes Jahr. Doch dazu später mehr. Zuweilen bekommt man den Eindruck, das vielleicht der Anbau einer Veranstaltungshalle an mein Haus nur leicht übertrieben wäre.

Drueckblick

Ich merke, ich drücke mich wieder vor dem Rückblick. Wie letztes Jahr, bei dem ich versucht habe, den Rückblick kurz und am Ende zu halten. Aber wie beschreibt man ein Jahr, das so seltsam wie das letztes Jahr war? 2023 hat mich in vielen Dingen verändert und die Folgen sind mir erst in 2024 so wirklich klar geworden.

Kleine Dinge

2024 war das Jahr der kleinen besonderen Dinge. Ich habe das erste mal in meinem Leben Nordlichter vom Boden aus gesehen.

Nordlicht Nordlicht von meiner Dachwohnung aus

Ich habe das erste mal dieses Jahr einen Kometen photographiert.

KometNordlicht Komet über Lüneburg

Ich bin seit vielen, vielen Jahren das erste mal nicht nur am Meer, sondern im Meer gewesen. Und der Gedanke an diese Momente erfüllt mich mit einer gewissen Zufriedenheit.

Freude

2024 war ein Jahr der Freude. Ich bin zum fünften Mal Onkel geworden. Ich schrieb ja im Rückblick des letzten Jahres , das einen Tag in 2023 gab, an dem ich am selben Tag eine ganz und gar wunderbare Nachricht erhalten habe und eine ganz und gar schreckliche Nachricht. Ihr erinnert Euch vielleicht. Die ganz und gar wunderbare Nachricht war, als mein Bruder mir mitgeteilt hat, das jemand auf dem Weg ist, der meine Nichte werden sollte. Aus der ganz und gar wunderbaren Nachricht wurde also ein ganz und gar wunderbarer kleiner Mensch. Vater kann ich nicht mehr werden, aber ich kann nach allen Kräften Onkel sein.

Geschafft

2024 war ein Jahr des Erfolgs. In 2022 und 2023 habe ich viel für ein Projekt getan, das in 2024 so langsam seinen Abschluss fand. Ich war Teil eines grossartigen Teams, das für dieses ausgezeichnet worden ist. Vor mir steht eine metallene Erinnerung an ein Projekt das man so nicht oft macht, vielleicht auch nur einmal in seiner Karriere. Ich habe lange mit mir gehadert ein Photo von dieser Erinnerung hier mit reinzustellen, aber habe mich am Ende dagegen entschieden.

Ich bin an anderer Stelle auch noch einmal einzeln dafür anerkannt worden, für meinen eigenen Beitrag zum Grossen und Ganzen, der ohne all die anderen Beiträge nichts gewesen wäre.

Für meinen jetzigen Arbeitgeber zu arbeiten hat den grossen Reiz, das man manchmal an Dingen beteiligt ist, die sich ein bisschen besonders anfühlen. Ich möchte hier nicht falsch verstanden werden, alle Projekte sind mir wichtig und ich stecke in jedes mein Herzblut hinein.

Aber manche Projekte fühlen sich irgendwie ganz,ganz besonders an. Verdammt, es ist schwer zu erklären, es wäre einfacher, würde ich ein wenig darüber plaudern. Aber mehr zu erzählen würde meinem Prinzip widersprechen, nie über Dinge, Vorkommnisse, oder Geschichten in der Öffentlichkeit mehr als im Ungefähren zu sprechen, die nicht ausschliesslich die meinen sind.

Aber wenn ich erzaehlen würde, wäre unmittelbar klar was ich meine. Ist doof, Schreibe ich vielleicht anlässlich meines Rückblicks 2040 etwas zu. Ein Datum, das sich irgendwie deutlich weniger fern anfühlt, als ich es mir wünschen würde.

Grenzen

Für mich war 2024 auch ein Jahr der Grenzen. Ausgedehnten Grenzen. Ich mag nicht von überschrittenen Grenzen reden. Die Grenzen sind ja immer noch da, sie sind nur woanders. Und Grenzen überschreiten klingt so danach, das man eigentlich wieder zurück auf die andere Seite der Grenze müsste. Aber das was man durch das Ausdehnen der Grenzen hinzugewonnen hat, kann einem ja keiner mehr wegnehmen.

Nach dem sich meine Radfahrerei ja bisher darauf beschränkt hat, immer grössere Kreis rund um Lüneburg und Hamburg zu drehen, so habe ich dieses Jahr drei Touren gemacht, die mir wirklich viel Spass gemacht haben, die aber tatsächlich meine Grenzen erweitert haben, aber auch aufgezeigt. Zuallererst wäre da die Radfahrt nach Fehmarn zu nennen. Über 180 km an einem Tag. Berlin-Lüneburg war durch das Wetter Grenzerweiterung. Normalerweise verziehe ich mich ja in die frühen Morgenstunden, um der Hitze des Tages aus dem Weg zu gehen. Das ging leider nicht, wenn man an zwei Tagen 120 km respektive über 140 km fährt.

Die Fahrt vom Endje van de Welt nach Lüneburg war da eine Fahrt durch meine Vergangenheit, die mir heute so unendlich fern erscheint.

Das Endje ist die kleine Schwester des Endes der Welt, in Pogum bei Ditzum am Dollart gelegen. Für mich ist das Endje am Schöpfwerk in Pogum. Die Gegend heisst da unter Einheimischen wirklich so. Meine Oma hatte die so genannt. Kommt anscheinend auch nen bisserl auf das Platt an, das man spricht, wie der Ort genau heisst. Der Ort ist nicht zu verwechseln mit dem “Arsch der Welt”, der ist weniger schön. Ohnehin gilt doch, das es gibt viele Ärsche gibt, aber nur ein Endje. Ich habe damit eine gewisse Erfahrung, denn ich habe lange an einem Ort gelebt, der zwar nicht der Arsch der Welt war, aber man konnte ihn sehr gut von dort aus sehen.

Ich gucke zwar beim Wetterbericht immer noch instinktiv in den Nordwesten von Deutschland, aber irgendwie fühlt sich das alles sehr sehr vergangen an, nicht mehr wie „ich“ an. Der Text über meine Fahrt durch die alte Heimat lungert weiter auf meinem Rechner rum. Es gibt aber einen wirklich guten Grund, ihn nicht zu veröffentlichen.

Mit dem Rad

2024 waren 10470 km am Ende auf dem Rad. Das ist von Hamburg nach Bandar Seri Begawan in Brunei. Sieben mal den Mount Everest hoch. Es hätten mehr werden sollen. Die Gesundheit hat das vereitelt. Aber ich bin dennoch zufrieden. Ich muss noch einen Weg finden, mich wieder motiviert auf ein Indoor-Fahrrad zu setzen, wenn sich die Fahrt durch die echte Welt als so viel schöner und spannender erwiesen hat.

Ich werde bestimmt nächstes Jahr öfters einfach irgendwo hinfahren und mit dem Rad zurückkehren. Es gibt so viel in Deutschland, das ich noch nicht gesehen habe oder an dem ich viel zu schnell mit einem Auto vorbei gefahren bin. Das wird sich ändern. Ideen habe ich schon. Aber die hatte ich prä-Knie dieses Jahr auch schon.

Gesundheit

Apropos Gesundheit: 2024 war ein Jahr, in dem es gesundheitlich nicht so ganz rund lief, zeitweise so gar nicht. Meine Knochen hat mir irgendwas übel genommen. Im Mai meldete sich mein Knie vernehmlich und unüberhörbar. Mein Verdacht ist mittlerweile der zwischen Rennrad und Indoor-Bike unterschiedliche Q-Factor (bis zum vernehmlichen Schrei der Experten vereinfacht und grob gesagt, wie breit ist das Rad im Pedalbereich ist), der mich dort schmerzhaft vom Rad ferngehalten hat.

Ich hatte Ende des letzten Jahres und Anfang diesen Jahres so einige gesundheitliche Sorgen. Die Sorgen sind mittlerweile überstanden. Alles okay, oder sollte ich sagen “altersgerecht”. Es ist überstanden. Mehr möchte ich hier aus einer Vielzahl von Gründen nicht in meinen Rückblick schreiben.

Seit Ende November laboriere ich an einer Erkältung rum, fit genug um zu arbeiten, bei weitem nicht fit genug um Sport zu machen. Gerade jene Zeit, die am meisten danach schreit.

Meine erste richtige Erkältung postpandemisch. Ich bin ja immer noch Maskenträger in vielen Situationen, aber bei weitem nicht mehr immer. Bei einem „nicht mehr immer“-Anlass habe ich mir die Erkältung gefangen. Hätte ich gerne darauf verzichtet.

Und nein, Corona hatte ich immer noch nicht, dafür aber Impfung Nummer 7. Ich sehe es mittlerweile als Grippeimpfungs-Addon. Corona links, Grippe rechts. Erledigt. Um sich weniger Sorgen um andere Leute zu machen. Um die Leute zu schützen, die mir wichtig sind. Wäre schön, wenn das so bleiben würde, das ich ein NOVID bleibe, auch wenn ich genau weiss, das dieser Wunsch letztlich nicht erfüllbar ist. Ich gebe mich nicht der Illusion hin, das ich immun dagegen wäre. Ich bin einfach nur vorsichtig. Ich habe nicht die Hoffnung, das einfach folgenlos zu überstehen. Ich teile nicht die Nonchalance meiner Mitmenschen gegenüber all dem.

Introspektive

2024 war ein Jahr war ein Jahr der Selbsterkenntnis. 2023 endete mit dem Gefühl von grosser Traurigkeit, des hart mit sich ins Gericht Gehens, aber auch dem latenten Gefühl an einigen Stellen missverstanden worden zu sein. 2024 war ein Jahr des Verstehens, meines Verstehens, was wirklich passiert war. Es gibt wenig, das konsternierender ist, als die Erkenntnis der eigenen Fehler, aber auch wenig, das Notwendiger ist.

Sicherlich ist vieles auch eine Reaktion, auf Sätze, Worte, Situationen die auf einen einwirkten, die man gegebenfalls selber missverstanden hat. Wo man missverstanden wurde. Wo man einfach nur Mist gebaut hat. In denen man enttäuscht hat. In denen man sich “angefasst” fühlte. In denen man überfordert war, in denen man überfordert hat.

Alles kompliziert, auch dort wo es einfach erscheint. Und einfach, wo es kompliziert erscheint. Nichts ist in dem Maße kompliziert, wie es scheint. Nicht weil alles einfacher ist. Sondern weil wir uns meistens in der Einschätzung völlig verschätzen. Ich möchte hinzufügen, um das zu vervollständigen: Nichts ist so unkompliziert, wie es erscheint. Die zwei Seiten der Medaillie, die kein Preis ist, sondern eine Anerkennung - mancher mag sagen ein Trostpreis - dafür, am Leben teilzunehmen.

Das Entscheidende ist aber: Man ist ja immer geneigt, die eigenen Fehler nicht in der richtigen Perspektive zu sehen, insbesondere wenn man mit ihnen schon so lange lebt und sie nicht so direkt als Fehler, sondern als Ausdruck der eigenen Persönlichkeit sieht, manchmal als die lässliche, unvermeidliche Nebenfolge einer als wünschenswert gewähnten Eigenschaft.

Mir hat 2022 eine vertrauenswürdige, aber denoch mit etwas Abstand stehende Person etwas gesagt, das ich weit von mir gewiesen habe, das ich aber erst Ende 2024 verstanden habe. Es ist böse, wenn so langsam in das Hirn diffundiert, das der Mensch recht gehabt haben könnte. Aber es war wichtig. Es war ein Schlüssel zum Verstehen. Das ist auch wenn es spät ist, vielleicht eine der guten Seiten von 2024 gewesen. Dies zu erkennen. Denn es hat mich weiter gebracht. Ich hätte die Erkenntnis gerne eher gehabt.

Ich denke lange über soetwas nach, um meine Fehler nicht zu wiederholen. Nicht, um zurückzukehren in die entsprechende Zeit. Ich will nicht zurück. Der Zeitpfeil fliegt unumkehrbar in eine Richtung. Man kann nur für den weiteren Weg des Pfeils aus der Vergangenheit lernen um die Bahn des Pfeils in der Zukunft zu ändern.

Und so lerne ich eben. Aus meinen Fehlern. Ich habe so viel rekapituliert, was man hätte besser machen können, hätte müssen. Hätte überhaupt machen müssen. Ich hätte etwas nicht in die Selbsterfüllung einer eigenen Prophezeiung laufen lassen dürfen. Wobei Prophezeiung ein grosses Wort ist, es war eher eine im Hirn herumlungernde Erwartung, darauf wartend, das sie irgendwann hevorkommt. Obwohl man hofft, das sie unter ihrem Stein bleibt. Und so bleibt es nur, ihr ein Wort zu entgegnen: “Schauze”. Und vielleicht den Stein mitsamt den Gedanken in die weite Ferne zu treten.

Aber so langsam sollte auch mal die die innere Untersuchungskommission aufhören zu tagen. Am Ende waren es immer viele Faktoren, manche beinflussbar, manche nicht und am Ende steht meist ein “Du IDIOT!!!”, das man sich selbst sagt und sich wundert, warum man nach all dem Nachdenken wieder einen neuen Weg gefunden hat, etwas zu ruinieren.

Und wenn ich eines gelernt habe, dann vielleicht das es nicht die brennenden Brücken sein sollten, die den eigenen Weg erhellen.

Ich möchte das alles im Ungefähren lassen. Auch das sind alles Gedanken über Zeiten und Situationen, die nicht ausschliesslich die eigenen waren.

Ein erster Versuch des Aufbrechens zeigte mir Mitte des Jahres, wie sehr eigentlich noch nicht die Zeit dafür gekommen war. Zumindestens ist es im Nachhinein meine Interpretation. Aber es half beim Verstehen. Vermutlich war es besser so. Trotzdem bin ich für die kurzen Momente dankbar, denn sie waren wunderschön. Und ich denke mit einem Lächeln an diese.

Übergang

Das hört sich jetzt alles danach an, als wäre ich immer noch in der Vergangenheit. Für einen Grossteil von 2024 stimmt das auch vielleicht. 2024 fühlte sich in der Mitte wie ein Jahr des Übergangs an. Doch am Ende ist es stehen geblieben. Mit den kalten Temperaturen kam das Verharren. Im Nachhinein betrachtet ist es genau dieses Stehen bleiben, was ich benötigt habe. Jenes Innehalten, das dem Blick nach innen dient.

Denn ich fühle mich mittlerweile auf einem Weg persönlich, von dem ich noch nicht so ganz genau weiss wohin er mich tragen wird. Ich weiss nur, das er mich weiter führen wird.

Das nächste Jahr wird anders werden. Ich gehe mit Aufbruchsstimmung in 2025, nachdem 2024 ein Jahr der eigenen Konsolidierung war. Diese Aufbruchstimmung fühlt sich anders an, als jene letzten Jahres. Tiefer. Echter. Durchgreifender.

Vielleicht ist die Tatsache, das ich zwei Karten für Herrn Jarre habe, Ausdruck davon. Es war eine spontane Entscheidung, pur im Moment ohne Nachzudenken. Ein Impuls, der zum zwangsläufigen “Und warum?” 10 Minuten später führte. Aber wer weiss, was passiert. Im schlechtesten Fall habe ich einfach mehr Platz. Und das ist auch nichts Schlechtes.

Meine beste Freundin heiratet nächstes Jahr. Ich freue mich schon darauf, zu sehen, wie sie den weiteren Schritt in ihr Glück geht. Ich habe zwischen Corona, sich in der Pandemiezeit einmauern und den eigenen Problemen und Gedanken diese Freundschaft viel zu lang nicht die notwendige Aufmerksamkeit entgegengebracht. Ein Vorsatz von mir ist, das ich das ändern werde. Wenn nichts klappen wird, dann hoffentlich zumindestens das.

Ich habe Pläne von 2025 … aber wenn ich eins in 2024 gelernt haben, das ich erst davon sprechen werde, wenn ich von diesen zurückgekehrt bin oder realisiert vor mir stehen, egal wie gross die Vorfreude ist. Zuviel kann dazwischen kommen. Nachdem in diesem Jahr so viele Dinge von der Bucketliste gestrichen worden sind, habe ich diese sogar ein wenig erweitert. Mal sehen, was davon wird. Ihr erfahrt es im nächsten Jahresrückblick, spätestens.

Ich will diesen Blogeintrag nun beenden, bevor sich wieder Gedanken herausdrängen, die hier eigentlich nicht hingehören. Das Gedrängel an der Tür zu meinem Hirn entspricht gerade schon wieder einem Black Friday oder einem Gedankenwinterschlussverkauf.

Schon wieder Musik

Ich habe diesen Eintrag doch wieder Musik begonnen. Ich will den Eintrag dann auch damit beenden. Wenn ich mir für die End Credits dieses Jahres ein Musik aussuchen müsste, wäre es wahrscheinlich „Guide for the Perplexed“ von Thomas Feiner im Remix von Peter Chilvers.

Ich hätte ja gerne Otomo von Bonobo in der Version mit Anna Lapwood an der Orgel (ja, das passt ganz wunderbar) aus der Royal Albert Hall genommen, aber das Jahr hat sich keine grandiose Verabschiedung verdient. Dieses Jahr war eher Arthaus. Eher isländischer Experimentalfilm mit norwegischen Untertiteln. Irgendwas skandinavisches. Ein Blockbuster war es garantiert nicht.

Aber vielleicht braucht ein Jahr weder einen leicht depressiv wirkenden Endcredit-Score, noch einen bombastischen Rauswerfer. Sondern etwas, das einen einfach nur gespannt auf das Sequel macht. So lange es nur kein Bruckheimer-Film ist, in denen einem alles spektakulär um die Ohren fliegt, bin ich schon zufrieden.

Ausblick

Es ist gerade total mistiges Wetter draussen, es ist kalt. Der Regen perlt an den Dachfenstern ab. Das nächste Jahr sollte es lassen, im momentanen Wetter eine Allegorie zu suchen, die es umzusetzen gilt. Anders als im letzten Jahr. Denn darauf kann ich verzichten. Sehr gut sogar.

Ich werde auch diesmal nicht über die Dinge sprechen, die sich am Horizont abzeichnen. Ihr wisst, mein Haushaltsaberglaube, die Residualkontrollillusion, obwohl ich so gar nicht abergläubisch bin: Dinge, über die man spricht passieren, wenn sie negativ sind. Dinge passieren nicht, wenn sie positiv sind. Also spreche ich auch jetzt nicht darüber. Auch daran hat sich nichts geändert.

Wünsche

Ich wünsche Euch allen ein wunderbares 2025. Ich hoffe das ihr einen guten Weg in das nächste Jahr finden werdet. Auch dieses Jahr wünsche ich Euch allen, das Eure Erwartungen in Erfüllung gehen, wenn diese positiver Natur sind. Genauso wie ich hoffe, das eure negativen Erwartungen sich nicht erfüllen werden. Ich hoffe, das wenn ihr dieses Jahr in Sorge verlasst, das das nächste Jahr ein Besseres wird, das die Sorgen den Platz auf eurer Schulter verlassen, von dem aus sie Euch niederdrücken. Ich hoffe das Euer Sequel zu 2024 ein tolles Jahr wird und kein „2024 - II“. Denn wunderbare “II” sind einfach die Ausnahme. Ich wünsche Euch viel Gesundheit! Ich wünsche euch viel Kraft auf Euren Wegen.

Alles Gute und wir lesen und sehen uns auf der anderen Seite von Silvester!

Postscriptum

Das Photo, das ich für diesen Artikel auf der Frontpage verwendet habe, enstand Silvester 2008 auf einem ziemlich kalten Bahnhof irgendwo im Nirgendwo. Ja … genau … in Sichtweite des A… der Welt.

Written by

Joerg Moellenkamp

Grey-haired, sometimes grey-bearded Windows dismissing Unix guy.