Mein Computer gehört mir!
Herr Schäuble, was für ein Land wollen Sie eigentlich hinterlassen, wenn sie irgendwann einmal Ihre politische Laufbahn beenden. Jetzt wollen sie auch noch Computeruntersuchungen via Internet. Sind wir denn letztlich nur noch ein Staat, der nur noch von Politikern, Juristen, Beamten und Präventionsbeauftragten gelenkt wird? Dazu einige Punkte:
- Glauben Sie wirklich, sie können das dazu nötige Backdoor auf Dauer sicher halten. Ein solches Backdoor ist schlimmer im möglichen Risiko als Microsofts Weapon of Mass Deactivation.
- Ich halte das ganze nicht für realisierbar, so lange es möglich ist, eine quelloffene Infrastruktur zu benutzen. Dann kann man nämlich jedes Backdoor einfach mal entfernen. Und ist dann die Benutzung eines quelloffenen Betriebsystems unter Umständen illegal
- Es gibt ja den Spruch "when privacy is outlawed, then only outlaws will have privacy". Was hindert den geneigten Outlaw, sich irgendwo auf dem Flohmarkt einen alten Rechner zu besorgen, und es mit einer Betriebsystemversion zu bespielen, die lange vor diesen neuen Regularien auf CD gebrannt worden ist. Wie will man dann Untersuchungen durchfuehren
- Es gibt keine bessere Firewall als einen Zentimeter Luft zwischen Netzwerkkabel und Netzwerkkarte. Sozusagen dann der zukünftige Defaultzustand von Rechnern, die unverschluesselte private Daten enthalten. Ist Kommunikation notwendig, dann nimmt man halt eine Vernam-Chiffre. Ein paar Stunden lang Zwischenkanalrauschen auf UKW aufzeichnen, digitalisieren und auf zwei Rohlinge brennen. Voila, ein prima Schluesselstrom. Das verschluesselte Element dann via USB-Stick oder Diskette auf die am Netz haengende Maschine setzen und dann von dort aus weiterschicken.
Die Technik entwickelt sich so schnell, das es immer Wege gibt, Maßnahmen zu umgehen, die der Kontrolle dienen. Der allgemeine Einsatz von Kryptographie steht erst am Anfang. Wir bewegen uns auf eine Welt zu, in der jede Kommunikation gesichert ist. Es ist schon verständlich, das Sicherheitspolitiker Angst vor einer Welt bekommen, in dem sie die Gedanken anderer nicht mehr abhören können. Die letzte Chance, dann noch an die offenen Worte zu kommen, ist das Menschmaschine-Interface.
Nun: Wenn der Staat meine Eigentumsrechte einschränkt, dann soll er das offen machen. Also wenn ich Mist gebaut habe, meine Wohnung stürmen, den Rechner mitnehmen und dann untersuchen. Mit ordentlichem Richterbeschluss.
Und: Die Maßname ist gegen uns gerichtet, nicht gegen Verbrecher. Höchstens gegen die dümmsten Vertretern des Verbrechens kann man damit habhaft werden. Denn alle anderen werden ihre Kommunikation auch zukünftig zu schützen wissen. So lange man mit Menschenhandel, Drogenhandel, Betrug und organisiertem Verbrechen Geld verdienen kann, wird es auch Menschen geben, die Ihr Geld damit verdienen, Computer abhöhrfrei zu halten. Geld genug werden die entsprechenden Gruppierungen haben.
Am Ende stellen sich die Fragen: Wo sind wir angelangt, wenn unsere eigenen Volksvertreter uns so wenig vertrauen, das sie uns immer, ueberall und ohne Sichtbarkeit überwachen wollen? Will sich der Staat vor dem Volk schützen, dem er seine Existenz verdankt? Wer schützt uns vor einem solchen Staat? Aber auch anderrum: Haben wir einen besseren Staat verdient, wenn wir und unsere Medien nicht lautstark sagen “Halt stop mal … das geht nun ein wenig weit! Und was bringt das wikrlich?” und die durchsichtigen und unpassenden Argumente der Mächtigen einfach so schlucken?
Um es klar zu stellen: Ich bin auch für die Verfolgung von Verbrechen mit der ganzen Härte des Gesetzes. Aber nicht mit dem Kollateralschaden von 80 Millionen durchlöcherter Privatsphären.
PS: Diese Internetdurchsuchung ist genauso ein Geschwätz wie die Idee Flugabwehrpanzer neben Stadien zu stellen, ohne sich Gedanken zu machen, wo die Munition dann runterkommt.