Kritikalität in Communities

Wenn man sich einmal im Leben umguckt, merkt man recht schnell, das allen Beteuerungen zum trotz, Freundschaften eine recht flüchtige Angelegenheit sind. Zwar kommt es mitunter vor, das Freundschaften ein Leben lang halten, aber das funktioniert nur, wenn man auch das Leben lang an der Freundschaft arbeitet. Communities im Internet sind eine ähnlich fluide Angelegenheit. Menschen entscheiden sich jeden Tag aufs neue Teil einer Community zu sein. Das einzelne Atom der Community ist ein denkendes, autarkes Wesen. Herr über seine eigene Entscheidungen. Die Entscheidung, das ein Mensch seine Zeit investiert, um Teil einer Gemeinschaft zu sein, muss jeden Tag aufs Neue gewonnen werden und entschieden wird vornehmlich nicht auf Basis von rationalen Kriterien. Es ist zum groessten Teil eine gefühlsbetonte Entscheidung. “Will ich Teil dieser Gruppe sein? Identifiziere ich mich mit der Community”. Das sind Dinge die man leicht beeinflussen, aber nur schwer steuern kann. Grund dieser Gedanken, die ich hier gerade zusammenfasse, sind die Entwicklungen, die gerade bei Flickr stattfinden. Eine bewusste Geschäftsentscheidung droht dort gerade, das Gefüge der Community Risse bekommt. An vielen Stellen wird bereits das Wort “Zensur” genutzt, um die neusten Entwicklungen zu beschreiben. In Zukunft werden in bestimmten Ländern nur noch Bilder angezeigt, die bestimmten Kriterien genügen, im Flickr-Sprech “sicher” sind. Zu diesen Ländern gehört übrigens interessanterweise auch Deutschland. Die Aufteilung bedeutet nichts anderes, das man nur eine saubere Version des Internets sieht. Wenn ich die Richtlinien richtig verstehe, dann wäre die Druckerschwärze auf einer handelsüblichen Bildzeitungsausgabe bereits nicht mehr “sicher”, ich könnte sie in Deutschland also nicht in Flickr betrachten. Was hat das ganze jetzt mit der Bildung von Communities zu tun. Flickr ist aus durch die Communty entstanden. Wenn man sich mit der Geschichte von flickr ein wenig befasst, wird man herausfinden, das flickr früher eigentlich mal das Forensystem eines massive role player games war (RPG). Bis die Betreiber herausgefunden haben, das sich die um den Dienst gruppierende Community eigentlich mehr für das Forum interessiert hat, denn für das RPG. Genauso können Dienste aber auch die Community untergehen, oder aber ihre Groesse verlieren. Früher war Altavista die Suchmaschine der Wahl, heute nur noch eine Fussnote in einer langen Reihe von Entwicklungen die schlussendlich zu Google geführt haben. Weil Altavista aufgehoert hat, um die tägliche Entscheidung der Community, Zeit zu investieren, zu kämpfen. Flickr macht jetzt genau das. Aus Angst, irgendwelchen regulatorischen Ansprüchen nicht gerecht zu werden, wird der Dienst kastriert. Nicht mehr die Community steht im Vordergrund, sondern rechtliche, und damit letztenendes wirtschaftliche Überlegungen. Damit hört auch Flickr auf, um die Entscheidung jedes Einzelnen zu kämpfen, im Gegenteil, es werden Zweifel im Einzelnen geseht. Ist das Ergebniss einer Suche, das wirklich in Flickr vorhanden ist, oder ist es nur eine weichgespülte Sichtweise der Welt. So gewinnt man den Kampf um die Aufmerksamkeit des Nutzers nicht. So verliert man Ihn. Den Kampf um mich hat Flickr verloren. Ich werde zwar den Account nicht loeschen, ich werde aber keinesfalls meine Pro-Mitgliedschaft verlängern (Ich habe schliesslich dafür bezahlt, und ich will Ihnen das Geld nicht ohne Gegenleistung geben). Das wird Flickr beziehungsweise den neuen Besitzer Yahoo nicht interessieren. Ich bin aber mit meiner Sichtweise nicht alleine: Kris hat neben seinem last.fm-Account jetzt seinen auch seinen flickr-account geloescht, ix wird ihn kurzfristig ebenfalls entfernen und auch der Schockwellen-Jörg zieht ähnliches in Betracht. Letztendlich: Es gibt in den Naturwissenschaften die Theorie, der selbstorganiierten Kritikalität, mit der beispielsweise Lawinen beschrieben werden können. Meines Erachtens gibt es ähnliche Effekte auch in der Soziologie, in deren Bereich Bildung, Bestand und Auflösung von Communities gehoeren. So ist man aus der Sicht eines global operierenden Unternehens vielleicht nur ein Sandkorn Am Ende ist es vielleicht das entscheidenende Sandkorn, das einen Dienst verschüttet.