Mindfuck: Killer with a murdered future

Es ist nicht lange her, seit dem ein Jugendlicher mit Sprengstoff und Gewehren durch eine Schule gerannt ist. Und wie selbstverständlich wird sofort nach einem Verbot geschrieen. Ballerspiele sind böse. Ballerspiele sind verdammenswürdig. Ballerspiele sind an allem Schuld. Ich habe auch einige Zeit mit einer Begeisterung ein Sniper Rifle durch die Level bei Unreal geschleppt und war damit richtig gut. Zu meiner Schulzeit gab es diese Spiele noch nicht oder nur vereinzelt. Castle Wolfenstein sollte erst am Ende meiner Abiturzeit wirklich in Deutschland verfügbar sein. Grund genug zum Schiessen hätte ich gehabt. Ich war jener Aussenseiter. Das Ziel des Spotts. Ich habe lange Zeit meinen Mitschülern nichts anderes entgegen gebracht als brennenden und beissenden Hass, der aber schon vor Jahren dem Vergessen des nunmehr Irrelevanten anheim gefallen. Ich halte es damit mit einem der Macher von South Park: Die Aussenseiter von früher haben heute die coolsten Jobs, während die Coolen in der Schule, das Dorf immer noch nicht verlassen haben, und Autos, Versicherungen oder ähnliche Nichtigkeiten verkaufen. Und genau so ist es dann ja auch groesstenteils gekommen. Ich wusste irgendwie schon damals, das ich einfach nur ausharren muss, das das ganze vorbeiziehen würde. Ich habe mich nicht geprügelt. Es wäre für einfach gewesen, mit der Faust Ruhe zu schaffen, aber das wollte ich damals einfach nicht. Ich wollte mich nicht schlagen. Ich lies mich schlagen und lies alles abprallen. Keine Reaktion. Eine Narbe unterhalb der Lippe zeugt noch heute davon. Zwei Fäden. Keine Reaktion. Kein Blinzeln. Keine Eingeständnis der Schwäche. Und auch wenn ich danach immer noch nicht sonderlich beliebt war (ich war einfach zuviel Geek, zu intelligent, zu unsportlich, um beliebt zu sein, beliebt zu werden. Ich wusste aber immer eins: Es würde vorbei gehen. Ich würde mich über diese Leute erheben und etwas machen, das Bedeutung hat. Und ich denke, da liegt der wesentliche Unterschied. Ich hatte diese Chance, weil meine Eltern sie mir entgegen meiner Herkunft aus dem Angestellten- und Arbeitermilieu ermöglicht haben. Weil zu meiner Schulzeit das System noch nicht vollständig degeneriert und undurchlässig war. Die Hauptschule nicht nur Sammelbecken der Unwilligen, Unfähigen und unglaublich viel Pech habenden. Die Realschule nicht die neue Hauptschule war. Man wirklich die Möglichtkeit hatte, aufzusteigen. Wir geben unseren Jugendlichen keine Hoffnung mehr. Wir geben Ihnen eine Chance. Mache dein Abitur. Mache ein Studium. Und du hast eine Chance auf ein gutes Leben. Mache eine Lehre, arbeite bis dein Körper nicht mehr kann, und du hast eine Chance auf ein brauchbares Leben. Lerne das was wir wollen, damit du ein Teil unserer Gesellschaft wirst. Mache ein Praktikum, und noch eins, und dann noch eins. Wir geben Ihnen nur diese eine Chance. Du hast Sie verspielt? Dann kämpfe. Kämpfe damit, das Du dich vor deinem Fallbeauftragten seelisch ausziehen musst. Kämpfe damit, das Du kaum etwas zum Leben hast. Kämpfe damit, das du einen Job bekommst, der dich auch mit eine langen Ausbildung, kaum versorgen vermag. Wir drücken dich so lange, bist Du einen Job annimmst, der unter dem Existenzminimum liegt, nur um das letzte Rest an Ehre und Stolz in deinen Adern zu halten. Wir stehlen unseren Kindern ihre Zukunft, und wundern uns das sie sich wehren. Wir geben ihnen schwarze Farbe, und wundern uns, warum das Bild ihres Leben ein trauriges ist. Und sind wir tatsächlich erstaunt, das diese jungen Menschen bar jeder Hoffnung hochgradig labil sind und schlussendlich dann ihren Frust in Gewalt äussern. Ihr Leben so wenig wert schätzen, als das sie es in einem Fanal enden lassen. Der Wunsch nach Rache den Wunsch nach Leben überwiegt. Ballerspiele, so fragwürdig sie auch dem Einzelnen erscheinen mögen, haben damit nichts zu tun. Und über den Tellerrand der politischen Empörungs- und Betroffenheitsöknomie hinaus gedacht: Sie sind vielleicht sogar das Ventil, das “Brot und Spiele”, das dazu führt, das nicht mehr an unseren Schulen passiert. Am Ende ist der Versuch, die Empörung der Politiker nur der Versuch davon abzulenken, was aus unserer Gesellschaft mit tatkräftiger Hilfe der herrschenden Klasse geworden ist. PS: Lesenswert ist dazu auch Amok bei Nerdcore und bei Kris. Eine Sammlung von Links findet sich beim Blogboten.