Flugangst

Nächsten Freitag ist es soweit. Ich werde den größten Punkt auf meiner Liste jener Dinge, die ich dieses Jahr erledigen möchte, in Angriff nehmen. Fliegen. Nein, nicht selber fliegen. Ich möchte mich wieder in ein Flugzeug trauen. Vor zwei Jahren habe ich in einer Panikattacke weiche Knie bekommen. Nicht eingestiegen. Kurz nach dem ich den Flughafen betreten habe. Was seltsam ist: Ich bin durchaus schon geflogen. Ich war in Singapur, ich war in Boston, ich war in San Francisco. Stundenlang in Flugzeugen gesessen. Hatte schon immer ein sehr mulmiges Gefühl dabei. Und trotzdem hat es mich an jenem Tag eiskalt erwischt. Da ich Gepäck hatte - es sollte auf eine fünf Tage dauernde Schulung gehen - war ich schon sehr früh da. Ich habe mich auch noch brav in jene Schlange gereiht, die sich vor dem Schalter zum Einchecken befand. Etwa 10 Minuten. Dann versagten die Beine. Dann versagte der Mut. Dachte, das wuerde vorbeigehen. Es ging nicht vorbei und der Flug ging ohne mich nach Muenchen. Und wie ueblich ist weder auf dem Hinflug, für den ich gebucht war, noch auf dem Rückflug etwas passiert. Ich war der festen Ueberzeugung, das mit diesem Flug etwas nicht stimmen würde. Das er ein katastrophales Ende nehmen wuerde. Habe die Nacht vorher geträumt, wie ich zur Erde stürze und bin aufgewacht, als ein Teil der Kabine meinen Schädel durchbohrt. Und dummerweise kann ich sehr plastisch träumen. Mir fehlt wohl Vertrauen. Vertrauen in das eigene Glueck, nicht im ersten Lufthansa-Flug seit Jahren zu sitzen, dem etwas passiert. Das Vertrauen in die Technik. Das Vertrauen in jene Leute, die das Flugzeug steuern. Dabei ist es durchaus nicht so, das ich Angst vor Flugzeugen habe. Ich finde diese sogar faszinierend. Ich stehe gerne am Flughafen und sehe den Flugzeugen hinterher. Mehr über Flugzeuge wissen wahrscheinlich nur jene, die sich damit beruflich beschäftigen. Ich habe viel getan, um wieder Fliegen zu koennen. Es gibt wahrscheinlich kein Buch über Flugangst in deutscher Sprache, das nicht im meinem Regal steht. Aber die waren eher dazu geeignet, meine Angst zu verstärken. Mein persönlicher Favorit: Allan Carr “Flugzeuge stürzen nicht wegen Turbulenzen ab, die Tragflächen brechen nicht ab und sie stossen nicht zusammen”. Nur - was passierte: Über Queens bricht einer Maschine das Leitwerk wegen Turbulenzen ab, in Kalifornien brechen einem Löschflugzeug im Flug beide Tragflächen ab und über dem Bodensee stossen zwei Flugzeuge zusammen. Das ist sehr vertrauenseinfloessend. Ich bin mit 270 über Autobahnen gefahren. Ignoriere gerne das Rotlicht an Fussgängerampeln. Und trotzdem habe ich Angst, in ein Flugzeug zu steigen. Nächsten Freitag ändert sich das. Ich werde in dieses verfluchte Flugzeug steigen.