Wie berichtet man von Katastrophen?

Es scheint eine Art Drehbuch zu geben, dem die Medien im Falle einer Katastrophe folgen: “How to report from a disaster”. In den ersten Stunden wird erstmal nur bruchstueckhaft berichtet. Kaum der Rede wert. Es ist was passiert, keiner weiss so recht was. Das liegt in der Natur der Sache. Das ist normal.
Doch danach folgt ein Umkippen. Die Medienberichterstattung wird allgegenw?ig. Auf Webseiten werden spezielle Bereiche dafuer eingerichtet. Eine Sondersendung jagt die andere. Die Nachrichten verlagern sich auf die Mitteilung des Deathcount. In dieser Phase wird das getan, was man von Journalisten erwartet. Informationen sammeln, sie weitergeben, uns informieren. Auch das ist gut.
Irgendwann, nicht lange nach dem Ereigniss, es wird triefig. Es wird das berichtet, was man so gerne die Geschichten hinter den Geschichten nennt. Es wird ueber menschliche Tragoedien berichtet. Das ist die Phase der Mitleidserzeugung. Man bindet das Publikum an die Geschichte. Der Informationsjunkie ist laengst weitergezogen. Jetzt ist es die emotionale Gruppe, die sich fuer die Geschichte interessiert. Die Berichterstattung ueber menschhliche Schicksale und Tragoedien beginnt. Der Mann, der seine Familie verliert, das Kind das seine Eltern verliert. Alles wird zur Nachricht.
Doch diese Aufmerksamskeitsspanne ist kurz. Das Interesse klingt ab. Nach wenigen Tagen ist das Ereigniss vergessen, vielleicht erst nach zwei oder drei Wochen, aber nicht viel laenger. 6 Monate spaeter erinnert mich sich nur noch an das Ereignis, weil man die Spendenquittung beim Sortieren seiner Akten findet. Ein bis zwei Jahre spaeter wird man sich nur noch gelegentlich erinnern, weil die Medien darueber berichten, wie es mit den Menschen weiterging.
Das war bei Ramstein so, das war bei der Estionia so, das ist in Eschede und Enschede so gewesen, das war 9/11 so, das ist bei der momentanen Katastrophe so. Und wenn der Tsunami laengst nur noch Teil der Erinnerung von Betroffenen ist, wird es auch bei der naechsten Katastrophe so sein. Eben nach Drehbuch fuer solche Katastrophen.
Und da mittlerweile unsere Aufmerksamkeit jener der Medien gleichgeschaltet ist, wird unsere Erinnerungsspanne immer kleiner. Kleiner als es eigentlich dem Leid angemessen waere.