Cebit 2006: IT-Karneval

Hamburg, 6:27, der erste Tag der CeBIT beginnt. Viel zu berichten über die CeBIT an sich gibt es noch nicht. Vielleicht der Moment, um sich über dieses Phänomen mal Gedanken zu machen. Und damit meine ich jetzt nicht, die CeBIT als Barometer oder als Initiator für irgendetwas positives (was aber meist auch ohne diese Veranstaltung passiert wäre). Ich meine jetzt so mal grundlegend. Von der Basis aus gesehen. Von denen, die sich in den nächsten Tagen die Beine in den Bauch stehen dürfen. Vielleicht sollte man damit beginnen, sich der CeBIT von aussen zu nähern. Ich habe ja oft den Eindruck, das viele die CeBIT für so eine Art Karneval der IT halten. Abends liegt sich alles in den Armen. Saufen. Frauen respektiver Männer. Hemmungslose Ausschweifungen. Nunja, der Vergleich mit Karneval ist nicht ganz falsch. Nur etwas anders. Wenn man erzaehlt, das man sich zur CeBIT gemeldet hat, kommt von männlichen Freunden meistens gleicht das “Messehostessen - höhöhö”.
Die Stories die immer über die CeBIT kolportiert werden mögen ja an sich vielleicht wahr sein. Vieles davon ordne ich aber in die Kategorie ein “Ich hatte mit 12 den ersten Sex und sie (bzw. er , oehm, das ist ja meistens nicht das Problem) hatte auch einen Orgasmus”. In Wahrheit war der Herr oder die Dame 24 und es war ziemlich scheisse. Will man seinen Bekannten dann wirklich erzaehlen, das nix passiert ist? Also rasch den Handschlag der Kollegin in schwindelerregende Höhen hochstilisieren.
Ich sag ja nich, das da alles erlogen und erstunken ist, aber vieles … einiges … das Meiste.
Nungut. Warum sind sich die CeBIT und Karneval jetzt ähnlich: Es ist das Verkleiden. Menschen, die man nie in Businesskostüm und Zweireiher gesehen hat, laufen plötzlich in entsprechenden Erzeugnissen der Textilindustrie rum. Und eine Vielzahl von Studentinnen laufen in Kostümen rum, die sich ein hoch spezialisiertes Team von Marketingspezialisten in Dutzenden von Meetings gestaltet hat (Auch hier gibt es wieder eine Karnevalsanalogie: Die Entsprechung wäre der Karnevalsvorstand, der in 20 Sitzungen das Thema des Karnevalwagens auf dem nächsten Umzug festlegt).
Oder auch nicht. Denn eine Geschichte über die CeBIT ist wahr: Messehostessen haben einen Scheissjob. Und auf manchen Ständen scheint die Uniformierung eher dem feuchten Traum eines Marketiers, denn einem firmlichen Entscheidungsprozess entsprungen zu sein. Aber funktionieren tuts. Zumindestens stehen andere Standbesatzungen vor diesen Ständen rum und werden von ihrer Arbeit ferngehalten.
Jetzt sitze ich also in meiner Verkleidung im Zug, sehe jede Menschen ebenso verkleidet. Dann lasst uns Karneval feiern.