Kann eine mediale Demokratie Krieg führen?

Ich grübel über dieses Thema schon einige Tage. Im Grunde seit dem die israelische Armee ein Haus mit Zivilisten zusammengeschossen hat. Die Frage, die mich beschäftigt ist: Kann eine mediale Demokratie Krieg führen? Oder besser gesagt: Kann eine mediale Demokratie einen Krieg führen und diesen auch gewinnen? Nehmen wir einfach mal an,das man einen Krieg nur gewinnen kann, wenn man den Gegner des bewaffneten Konflikts soweit schwächt, das dieser zu weiteren Kampfhandlungen nicht mehr in der Lage oder Willens ist. Ich denke, das trifft so einigermassen in einer stark vereinfachten Version die Realität. Diese Schwächung kann auf mehreren Wegen erfolgen: Durch eine nahezu vollständige Vernichtung des Gegners, durch die vollständige Entwaffnung des Gegners oder durch die glaubwürdige Androhung eines Verlustes, der den Nutzen der Weiterführung des Gefechtes in Frage stellt. Der zweite Weltkrieg wurde durch die Allierten in Deutschland durch die nahezu vollständige Vernichtung der Wehrmacht gewonnen, der Sieg der Amerikaner im Pazifik ist hauptsächlich durch die Androhung der weiteren atomaren Vernichtung japanischer Städte gewonnen worden. Ich weiss, das dies die Sachlage stark vereinfacht, aber im Grude genommen trifft es die Situation gut. Neben dem Koreakrieg waren dies die letzten Auseinandersetzungen, die nicht einer medialen und journalistischen Überwachung unterlagen. Der Vietnamkrieg war der erste Krieg, der erstmal in die Wohnzimmer der Welt gelangt ist. Afganistan, der erste, zweite und dritte Golfkrieg konnten in einer immer näheren Art und Weise in sicherer Entfernung betrachtet werden. Diese immer stärkere Überwachung der kriegsführenden Parteien hat nun zur Folge, das die Mittel der Kampfführung immer weiter eingeschränkt werden. Stellungskriege sind nicht mehr führbar, da das Leiden der Soldaten unmittelbar in die Wohnzimmer übertragen würde und politisch einen so hohen Verlust darstellen würde, das dieses Mittel nicht gangbar ist. Ein nuklearer Erstschlag zur Vernichtung des Gegners würde von der Weltgemeinschaft als unverhältnismässig angesehen. Auch hier ist der politische Verlust zu hoch. Das noch bis ins Mittelalter übliche Belagern und Aushungern einer Festung würde heute mehr als berechtigt zu einem Aufschrei bei jedem zivilisierten Menschen hervorrufen. Das Instrumentarium, einen bewaffneten Konflikt zu führen, unterliegt immer stärker werdenden Einschränkungen. Hinzu kommt zusätzlich, das das westliche Wertesystem jedem Menschen den gleichen Wert zumisst. Menschrechte sind universell und stehen ohne jeden Zweifel auch den Menschen zu, die Gegner in einem Konflikt sind (Das Konzept der “unlawful combatants” ist in sofern auch Unsinn. Sie unterscheiden sich nur dadurch von Konfliktteilnehmen herkömmlicher Natur das sie zielgebundene und nicht nationsgebundene Teilnehmer sind. Der “unlawful combatant” ist in sofern nur ein Versuch, die es einer Konfliktpartei erlaubt, Kriegsgefangene zu internieren, ohne sie der eigenen Gerichtsbarkeit und rechtlichen Grundsätzen anheimzustellen). Diese Stärke ist gleichzeitig eine grosse Schwäche, wenn es um unzivilisierte und unzivilisierbare Vorgänge wie den bewaffneten Konflikt geht. Ein Gegner muss nun lediglich diese Schwächen auszunutzen zu verstehen. Die Gegner der Amerikaner im Irak verstehen sich meisterhaft auf die Ausnutzung: Verunsicherung und Vereinnahmung der Bevölkerung, Bedrohung der gegnerischen Streitkräfte inklusive Herbeiführung erheblicher Verluste bei gleichzeitiger Veröffentlichung von zivilen Opfern. Durch die Verbreitung des Internets ist dies auch kleinen Gruppen problemlos möglich. Die Verbreitung läuft dann nahezu automatisch ab. Eine Gegenreaktion ist hier nahezu unmöglich. Eine massive militärische Intervention wird durch durch die sehr wahrscheinlichen zivilen Opfer nahezu unmöglich. Dies mussten die Streitkräfte Israels zu mehren Gelegenheiten feststellen. Ohne massive Intervention ist aber keines der Ziele erreichbar, die ich am Anfang als Indikator für einen erfolgreichen Abschluss eines Waffengangs genannt habe. Ist die Wahl der Mittel eingeschränkt, kann ich kein wirkliches Bedrohungszenario aufbauen, ohne massive Intervention ist eine Vernichtung oder Entwaffnung nahezu ausgeschlossen. Ich kann daraus nur schliessen, das ein Krieg für eine mediale Demokratie unführbar ist, da letztlich die Mittel der Kampfführung so eingeschränkt sind, das der erfolgreiche Abschluss nahezu unmöglich ist. Man muss den terroristischen Gruppierung dieser Welt zugestehen, das sie die sichwandelnde Natur der Kampfführung bisher am Besten verstanden haben. Will eine westliche Nation gegen diese erfolgreich sein, so bleibt ihr wahrscheinlich nur die Spiegelung der Methodiken und die Ausführung beschränkter, intensiver und kurzer bewaffneter Konflikt, die kurzfristige Ausschaltung einer Gefahr ermöglichen. Grosse Konflikte sind wahrscheinlich eine Sache der Vergangenheit, zumindestens wenn eine aufgeklärte und medial erschlossene und aufgeschlossene Zivilisation eine Partei der Auseinandersetzung ist. Die gute Nachricht ist: Grosse heisse Konflikte sind wohl eine Sache der Vergangenheit, die schlechte Nachricht ist, das wir uns auf absehbare Zeit in einem “low-intensity conflict” befinden, der mit Gruppierungen geführt wird, die die neuen Regeln bereits verstanden haben.