Das lokale Dorf im globalen Dorf

Mal etwas anderes als die grossen Dinge die da draussen passieren … wie beispielsweise Gerüchte über Firmenkäufe. Es geht hier im ein klassischen Fall von: Lokales Dorf findet sich im globalen Dorf wieder. Und wer lang genug in einem Dorf gelebt hat, weiss: Die Hölle … das ist immer der Nachbar, die Dorfgemeinschaft, die nahe Verwandtschaft,…. (insert your own private nemesis). Ich mag deshalb Städte …je groesser desto besser. Ich habe da so einigen Grundregeln, was den Umgang mit Problemen mit meinen Mitmenschen angeht. Sie haben in der Öffentlichkeit nichts zu suchen. Mein privaten Streitigkeiten klaere ich privat, und wenn überhaupt deute ich nur an, das ich mich gerade über jemanden Maßlos aufrege. Ein solches Vorgehen ist wohl auch so oder so ähnlich usus. Das Internet bietet nun vielen Leuten eine Plattform für ihre eigene öffentliche Wäscherei von Dreckwäsche. Der Umgang mit familiären Streitigkeiten bekommt da nun eine neue Eigenschaft. Eine solche Dreckwäscherei sucht gerade das kleine Dorf Sillenstede nieder. Dort wird Familiendreckwäsche momentan en gros gewaschen und ein bislang Unbekannter lancierte über eine Webseite jede Menge Andeutungen über familiäre Probleme. Ich habe für vieles Verständnis und im Bereich menschliches Verhalten überrascht mich wenig. Das Leben ist noch viel eigenartiger, als es sich irgendein Drehbuchautor einfallen lassen kann. Ich glaube, es war Frau Salesch (die Richterin) die mal gesagt hat, das in der Tat die Fälle ihrer Sendung redaktionell bearbeitet werden, aber in die andere Richtung, die man annehmen würde. Die Wirklichkeit ist meist total unrealistisch, zumindestens in Fernsehbegriffen. Es war irgendwie nur eine Frage der der Zeit, das irgendjemanden aus einem ganz lokalen Dorf das globale Dorf nutzen wuerde, um ein grosses Sprachrohr zu haben. Wenn jemand meint, seine familiären Probleme ins Netz stellen zu muessen, okay … wenns den entsprechenden Menschen spass macht. Am Ende ist es vielleicht noch amüsant und gegebenfalls für uns Blogs eine kurze Nachricht wert. Ich habe nun eben einen etwas verstörten Anruf meiner verehrten Mitbloggerin und langjährigen guten Freundin Bettina erhalten, eben aus jenem Ort Sillenstede. Eigenartige Dinge spielen sich dort nunmehr ab. Sie hat die Vorkommnisse in Ihrem Heimatort kommentiert und hat sich nun den Zorn des entsprechenden Schreibers (dessen Identität mittlerweile geklärt scheint) zugezogen. Damit könnte man das ganze in den Orkus dörflicher Eigenartigkeiten schieben. Weitgefehlt … auch wenn ich sagen koennte “Bettina, haette ich dir vorher sagen können, Menschen die mit soetwas anfangen, agieren nicht rational und werden um sich schlagen …”, so passierten da nun doch Dinge, für die ich kein Verständnis habe. Ich habe nur kein Verständnis für jemanden, der jemand anderem mit Rechtsanwalt und dergleichen droht, nur weil der entsprechende Kommentar vielleicht etwas unschoen ist und mit dem Verhalten eines Menschen hart ins gericht geht. Ich habe kein Verständnis, das dort gleich Arbeitgeber angerufen werden. Man macht so etwas nicht ohne Grund, und der Grund ist oft der Versuch eine missliebige Meinung mundtot zu machen, eine Meinung, die vielleicht die Bedrohungskulisse schwächt. Ich gebe Bettina im übrigen recht: Es ist einfach stillos, familiäre Streitigkeiten auf diese Weise in die Öffentlichkeit zu tragen. Mag da vorher passiert sein, was wolle. Wenn man sich mit seinen Problemen in die Öffentlichkeit begibt, sollte man sich nicht wundern, wenn die Öffentlichkeit diesen auch kommentiert. Man muss damit leben, oder wie man so schön sagt: “Wer sich ins Glashaus gesetzt hat, sollte überlegen, das WC im Keller aufzusuchen”. Öffentlichkeit ist kein unidirektionales Instrument. Wenn man sich der Öffentlichkeit bedient, um seine Ziele erfüllt zu sehen, muss man sich nicht wundern, wenn die Öffentlichkeit interessiert dem Sachverhalt zuwendet, und ihrerseits die eigenen Schlüsse zieht. Das ist letztlich sogar ein Grundpfeiler der freiheitlich demokratischen Grundordnung: Das Recht zur freien Meinungsäusserung, was insbesondere dann gilt, wenn man öffentliche Aussagen von jemand anders zu dokumentieren. Man darf sich auch nicht wundern, wenn ob der selbstgewählten Anonymität die Öffentlichkeit falsche oder teilweise unrichtige Schlüsse zieht. Man kann immer nur auf Basis einer Datenlage seine Schluesse zieht, die auch zur Verfügung steht. Anonymiät schraenkt die Datenlage ein. Damit muss man leben, entweder man umschreibt umfassend alles ins Netz und jeder kann sich ein Bild machen, oder man lebt damit, das nicht alles bekannt ist. Die Öffentlichkeit ist jener Abgrund, der in einen hineinblickt, wenn man selbst zu sehr darin hineinblickt und ihn nutzt. Damit sollte sich dieser Mensch vielleicht mal gedanklich auseinandersetzen.