Fegefeuer der Eitelkeiten

Ich verfolge ja im Hintergrund die Diskussion über die Opeltestblogging-Aktion. Ich finde das ein wenig verlogen, zu sagen das waere der Ausverkauf des Blogosphäre. Denn mal ernsthaft: Jeder Mensch ist käuflich. Die Frage ist nur der Preis in Relation zur geforderten Aufgabe eines persönlichen Standpunkts. Von Ausnahmen mal abgesehen. Aber mit diesen Ausnahmen meine ich Ausnahmeerscheinungen der Zeitgeschichte: Mutter Theresa oder Gandhi. Ich bin der festen Überzeugung, das im realen Leben ein montärer Anreiz alles möglich macht. Um mal jenes berühmte Beispiel aus Hollywood zu nehmen.Eine Nacht mit Freundin/Freund/Frau/Mann ist wohl eher eine Frage des Preises und der Frage was man mit dem Geld anschliessend macht, denn eine Frage der prinzipiellen Verneinung. Und wer jetzt schreit, möge sich folgendes Beispiel vorstellen: 10 Mio für die Nacht. Und jetzt mal Freund/Freundin angucken und sich fragen: Wäre man wirklich nicht käuflich. Immerhin waere die Folge dieser Nacht ein finanziell sorgenfreies Leben für sich selbst und wahrscheinlich noch die nächste Generation. Bitte ehrlich darüber nachdenken! Oder andere ähnlich gelagerte Frage: 1 Mio für eine betrogene Nacht, von der man dem Partner nichts erzaehlt. Und wieder ganz ehrlich nachdenken.
Offengestanden: Ich würde in diesem Blog auch das hohe Lied der IBM singen, wenn der Preis stimmt. Allerdings würde dieser Preis enorm hoch sein, da ich lieber bei einem Technologieunternehmen arbeite, als bei einem Unternehmensberater mit angeschlossener Hardwarelöterei.(lach Liebe IBM, für 500.000 netto im Jahr plus Firmenwagen blogge ich für euch. Und für 600.000 im Jahr trage ich sogar blaue Anzüge ;). Gerd wird jetzt wissen, das ich fuer Sun da geradezu ehrenamtlich tätig bin, somit also der Preis wirklich enorm hoch ist ;) ).
Sun bekommt halt meinen Standpunkt kostenlos, weil ich dafür keinen meiner Standpunkte aufgeben muss. Ich habe naemlich nicht zur zu Apple ein quasireligöses Verhältnis, sondern auch zu Sun, und das schon lange bevor “Sun Microsystems, Heimstetten” auf meinen Kontoauszügen monatlich auftauchte. Ich denke meine Credibility habe ich dadurch, das mich viele meiner Leser persönlich kennen, beziehungsweise diese schon seit längerem hier mitlesen und dadurch meine Aussagen in einen Kontext stellen können. Deswegen steht ja auch im Disclaimer eindeutig, das ich Sun Mitarbeiter bin. Ausserdem hadere ich wie jeder gute Gläubiger auch manchmal mit meinem Glauben, und halte hier auch nicht hinterm Berg.
Es gibt ohnehin einen Fehlglauben, dem die Medien, Beobachter und Propagandisten der Blogosphere aufsetzen. Die Blogosphaere hat per se erst mal genau garkeine Credibility. Ich vertraue dem Blog nicht weil es ein Blog ist. Das Vertrauen muss sich jedes Blog einzeln von Neuem erarbeiten. Das Vertrauen ist personengebunden und nicht medienimmanent. Etwas anderes zu glauben, wäre ungefähr so, den Autotests in “Abenteuer Auto” zu vertrauen, weil im gleichen Kanal auch Nachrichten laufen.
Und wenn mir jemand sagt “Okay, Opel hat mit den Wagen gestellt”, dann weiss ich das einzuordnen. Schlechter Stil ist es erst, sich für Beiträge bezahlen zu lassen, aber diesem Umstand zu verschweigen, da dies mir die Möglichkeit raubt, die Informationen, die mir geliefert werden in einen Vertrauenkontext zu setzen. Wer die Grundlage offenlegt (und damit mein ich nicht notwendigkeit den Striptease sämtlicher Bedingungen, sondern den Rahmen) erhält den Vertrauenkontext.
Gerade deswegen glaube ich, das die Diskussion, die momentan durch die Blogosphaere getragen wird, wenig mit der Credibility zu tun hat als mehr mit einer Vielzahl von Empfindlichkeiten. Vom blossen monetären Neid über Enttäuschung über den Einbruch des Realen und Realistischen in die Heil geglaubte Welt der Blogosphere bis hin zu gekränkten Eitelkeit, nicht erwählt worden zu sein.
Und nebenbei angemerkt: Das vergessen ja eben viele sogenannte Business Blogger. Man bekommt die Glaubwürdigkeit nicht en passant. Sie muss erarbeitet werden, sie muss erhalten werden, sie muss verteidigt werden. Auch kann man schnell den gegenteiligen Effekt erreichen, der eigentlich intendiert war. Aus einer verletzten Empfindlichkeit kann schnell eine Lawine werden, die aus einer guten Idee eine Katastrophe werden laesst. Niemand kann voraussagen, welche Meinung sich durchsetzen wird, welcher Spin sich durchsetzen wird. Eigentlich ist das Medium viel zu unvorhersehbar, um einen realen Nutzen als gezielt einsetzbares Marketinginstrument zu haben. Der Charakter ist eher zufällig, den einen pusht es, den anderen erschlaegt es.
Um aber wieder auf das das eigentlichen Thema zurückzukommen: Die Cassandren des Blogausverkaufs kann man nur sagen: Das Leben ist ein dreckiger Ort und die Kunst ein gutes Leben zu führen ist es, sich selbst möglichst treu zu bleiben und sich die Kompromisse möglichst teuer bezahlen zu lassen (Letzlich ist die Notwendigkeit bezahlt einer Arbeit nachzugehen auch nur ein Kompromiss aus Faulheit und den Preissauszeichnungen im Supermarkt). Also liebe Leute: Get a Life, get laid und legt eure Naivität ab.