Sieben Uhr morgens ... in Deutschland ... am Bahnhof

Man mag sich ja fragen, ob die Zugehörigkeit eines Menschen in eine bestimmte Alterskohorte dafür sorgt, das man einen besonders wirren Klamottengeschmack entwickelt.
Ich will mich da nicht ausnehmen: Ich hielt es fuer eine gute Idee, eine zeitlang zu Abizeiten einen Trenchcoat zu tragen. Heute würde ich dafür wohl von der Schule verwiesen werden, da man kurzfristig damit gerechnet haette, das ich eine abgesägte Flinte mit in die Schule bringe. Aber zu meiner Zeit gab es noch kein Counterstrike, kein Halflife und man hatte noch sowas wie eine realistische Chance fuer die Zukunft. Ich habe noch andere Todsünden begangen, und begehe sie bis heute … oftmals weil mir einfach vollkommen egal ist, was gerade Mode ist, wie man etwas zu tragen hat. Mein Lieblingspullover ist auch heute ein quietschegelber (das Schild hielt es fuer mangogelb) Kaputzenpullover. Mit uebergezogener Kaputze sehe ich darin aus wie ein Teletubbie. Aber er ist warm, er ist gemuehtlich und ich passe auch noch nach zwei Jahren Frustfuttern rein. Egal … ich sitze hier im Zug (und gemessen daran, das mein Kaffeebecher von einer Seite des Tischs zur anderen wandert, scheint es der Kutscher sehr eilig zu haben) und gerade ist mir eines dieser Raetsel ueber den Weg gelaufen: Pseudouniform (Schulterklappen mit Goldrand) mit aufgestickten Initialen. Das sich rosa Hemden für Männer nicht mehr aus dem kolletiven modischen Missempfinden streichen lassen, ist mir ja auch schon klar geworden. Aber der Zirkusdirektor-Look … das geht zu weit. Wenn das zum allgemein gültigen Look in Deutschland wird, werde ich mich entgültig um einen Job als Manager in Zentralsibirien bewerben. Eine weitere interessante Beobachtung konnte man uebrigens heute morgen machen: Das man uebrigens nur Maenner (oder entsprechend im Larvenstadium: Jungs) stockbetrunken morgens am Bahnhof findet, ist uebrigens auch eine oft geaeusserte, aber ebenso falsche Mutmassung: Das Maedel, das so gegen sieben ausladenden Schrittes durch die Wandelhalle getorkelt ist, duerfte sich im Laufe des Tages ueber die Segnungen von Paracetamol, Ibuprofen et al. freuen. Um hier wieder den Kreis zur Mode zu schliessen: Teuer in der Kleidung, billig im Geschmack ist auch hier problemlos moeglich. Gut, das Frauen so um die 20 nicht mehr in mein Beuteschema passen … ich glaube ich hätte sonst ernste Probleme mit der Paris-Hiltonisierung insbesondere der weiblichen Anteile der Gesellschaft. Wenn dann auch noch die von einer Bekannten geaeusserte Vermutung eintritt, das sich in den USA (merke: Sex in the City und New York hat soviel mit den USA zu tun wie Batman mit Polizeiarbeit) Frauen eigentlich sich die Kleidungswahl auf die Auswahl eines Rosa-Farbtons beschraenkt (jun g equals schreiend rosa, alt leichtes rosa, fast weiss) und das vielleicht nach Deutschland rueberschwappt, dann faengt sich mein Magen schon heute zu kraeuseln an. Schwul werden ist übrigens keine Alternative … bis dahin hat sich der Circusdirektor-Look fuer alle durchgesetzt.